Das Blatt berief sich auf den Bericht einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die zu dem Ergebnis gekommen sei, dass nur wenige VHS-Kurse ohne Beanstandungen seien. Oftmals fehlten Unterschriften oder gleich ganze Honorarverträge, hieß es. Auf einigen Honorarverträgen wurden Zahlen durchgestrichen und durch andere ersetzt, so die Berliner Zeitung. Offenbar hatte das Bezirksparlament davon jedoch keine Kenntnis.
Bildungsstadträtin Kerstin Beurich (SPD) informierte auf Anfrage der Linken, dass im Juni 2014 das Bezirksamt durch eine Beschäftigte der Volkshochschule (VHS) über Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung der Kurse und deren Durchführung in Kenntnis gesetzt wurde. Die Arbeitsgruppe Antikorruption des Bezirksamtes habe die Verdachtsmomente bestätigt, Wirtschaftsprüfer hätten anschließend Untersuchungen aufgenommen. Im Juli 2014 erstattete das Bezirksamt Strafanzeige gegen Unbekannt. Seitdem würde gegen vier Personen ermittelt. Im Mai 2015 habe man sich zudem mit einer Stellungnahme an den Landesrechnungshof gewandt. Im ersten Quartal 2015 seien Dienstanweisungen zur Aktenführung und Archivierung der Vorgänge ergangen und die Leitung der VHS neu besetzt worden. Der Kulturausschuss der BVV wurde am 24. März 2015 lediglich über den Wechsel an der Spitze der VHS informiert. Erst am 16. März (einen Tag nachdem die Berliner Zeitung das Thema an die Öffentlichkeit brachte) fragte die Stadträtin bei der Staatsanwaltschaft an, ob der Wirtschaftsbericht trotz laufenden Verfahrens an das Bezirksparlament gegeben werden darf. Kerstin Beurich widersprach Darstellungen, wonach dem Bezirk ein Schaden von 70.000 Euro entstanden sei. Die ganze Zeit über habe das Rechtsamt des Bezirks beratend mitgewirkt.
Der Stadträtin wurde von den Verordneten Prof. Dr. Jürgen Hofmann, Daniel Tietze und Christian Petermann (alle Linke) sowie von Yannick Meyer und Marvin Hemmerlein (Piraten) vorgeworfen, dass sie nicht früher über den Sachverhalt aufgenommener Ermittlungen zu Unregelmäßigkeiten informiert habe. Gregor Hoffmann, Fraktionsvorsitzender der CDU, forderte mehr Klarheit und eine offensive Informationspolitik. Dr. Andreas Prüfer (Linke), Stadtrat für Bürgerdienste, Ordnungsangelegenheiten und Immobilien, berichtete auf eine Große Anfrage der CDU-Fraktion über einen sehr hohen Krankenstand bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bürgerämter. »Am Morgen des 9. März waren von 40 Mitarbeitern nur 15 im Dienst«, sagte der Stadtrat. Deshalb musste er die Bürgerämter im Tierpark-Center und in der Große-Leege-Straße schließen. Auch die Leistung des mobilen Bürgeramtes am Anton-Saefkow-Platz wurde mangels Personal zunächst eingestellt. Die Situation habe sich bislang nicht verbessert und die Schließung bleibe zunächst bis zum 1. April bestehen. Hinzu kämen massive Probleme durch die neue Software Voice, die zu Beginn des Jahres eingeführt wurde und bis heute nicht funktioniere. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verzweifelten, was auch eine Ursache für den hohen Krankenstand sei. Das Standesamt sei derzeit ebenfalls mit nur 25 Prozent des eigentlich vorgesehenen Personalbestandes besetzt.
Prüfer setzt auf zusätzliches Personal Mitte des Jahres, funktionierende Terminsprechstunden und mehr Onlinedienst-Möglichkeiten vom Land Berlin. Er machte aber auch keinen Hehl daraus, dass er ratlos sei, wie mit einem so hohen Krankenstand umgegangen werden solle.
CDU-Fraktionsvorsitzender Gregor Hoffmann warf dem Stadtrat vor, dieser hätte das strukturelle Problem früher erkennen müssen. Die Führungsqualität sei ein wesentlicher Faktor, um auf die Abwesenheitsquote Einfluss zu nehmen. Rainer Bosse (Linke) sagte, von einmal 60 Bürgerämtern in der Stadt gebe es noch 35. Die Aufgaben seien jedoch mit der Stadt gewachsen.
Die 55. Sitzung der BVV in der VII. Wahlperiode ist für Donnerstag, 21. April geplant. Dann auch wieder ab 17 Uhr im Livestream: http://lichtenberg.demokratielive.org.
Autor: Volkmar Eltzel