Gleichzeitig gilt Tempo 30. Gut beraten ist, wer sich an die Geschwindigkeitsbegrenzung hält. Wer schneller fährt, riskiert mindestens Schäden am Unterboden seines Fahrzeugs oder an den Rädern.
Gut ein Fünftel aller Straßen befindet sich in Marzahn-Hellersdorf »in einem Zustand, in dem akut etwas passieren muss«, sagt Stadtentwicklungsstadtrat Christian Gräff (CDU). Darüber hinaus müsste bei jeder zweiten Straße im Bezirk die Asphaltdecke erneuert werden, »um die Substanz zu erhalten«. Allein um die dringendsten Sanierungen in Auftrag zu geben, bräuchte der Bezirk 60 Millionen Euro, schätzt Gräff. Pro Jahr, sagt der Bezirksstadtrat, müssten zehn Millionen Euro in den Etat eingestellt werden. Allerdings sind das aktuell nur Wunschträume. Derzeit stehen im Haushalt zwei Millionen Euro bereit, weitere 1,8 Millionen Euro steuert das Land Berlin über sein sogenanntes Schlaglochsanierungsprogramm zu. Glück für Marzahn-Hellersdorf: Weil andere Bezirke ihre Mittel nicht immer ausschöpfen, fließt ein kleiner Teil der Überschüsse nach Marzahn-Hellersdorf. Besonders bedenklich: Inzwischen ist so gut wie jede große Hauptverkehrsstraße beschädigt. Dazu gehört auch die Straße Alt-Biesdorf, die Teil der Bundesfernstraße 1/5 ist. Sie müsste dringend grunderneuert werden. Dort, zwischen Blumberger Damm und der Grenze zum Bezirk Lichtenberg, gibt es teilweise noch einen Plattenbelag aus DDR-Zeiten. Ähnlich sieht es bei der Hellersdorfer Straße oder der Cecilienstraße aus. Hunderte Kilometer des Straßennetzes sind zudem ohne Rad- und Gehwege, in den Siedlungsgebieten stellen unbefestigte Straßen weiterhin ein Problem dar. Stadtentwicklungsstadtrat Christian Gräff sieht vor allem das Land Berlin in der Verantwortung.
In Lichtenberg sind nach Angaben von Stadtentwicklungsstadtrat Wilfried Nünthel (CDU) gut 60 Prozent aller Gehwege und 40 Prozent aller Straßenflächen in einem maroden Zustand. Inzwischen müsste der Bezirk 46,5 Millionen Euro investieren, um die Schä- den zu beseitigen. Doch in diesem Jahr stehen gerade einmal 4,86 Millionen Euro bereit, 1,5 Millionen Euro davon steuert das Land Berlin bei. Besonders stark von Straßenschäden betroffen seien die Landsberger Allee, die Möllendorffstraße und die Küstriner Straße in Alt-Hohenschönhausen. »Der Senat hat vor einigen Jahren ein Schlaglochsanierungsprogramm aufgelegt, wohl wissend, dass man Löcher nicht flicken kann.« Inzwischen habe Lichtenberg zwar »einen ordentlichen Schluck aus der Pulle« gekriegt, so dass mehr Schäden als früher beseitigt werden könnten, sagt Nünthel. Doch der Bedarf sei weitaus höher. »Wenn es bei dem gegenwärtigen Tempo der gegenwärtigen Straßen und Gehwegsanierung bleibt, brauchen wir noch 20 Jahre bis wir in Lichtenberg damit fertig sind.« Auch Nünthel sieht das Land Berlin in der Pflicht. Er erwartet, dass jedes Jahr mindestens fünf Millionen Euro für Instandhaltungsarbeiten bereitgestellt werden.
»Wir brauchen in Berlin ein Programm, damit wir die gute Infrastruktur erhalten können«, lautet die Forderung von Christian Gräff. Er verlangt ein Sanierungsprogramm und hofft, dass nach den Wahlen das Thema Eingang in ein Koalitionsprogramm finden wird. Gräff bleibt jedoch realistisch. »Ich denke, dass wir in Berlin eine schlechte Lobby haben«, sagt er und meint damit vor allem die Außenbezirke.
Für den ADAC ist das Thema Stra- ßenschäden ein Dauerbrenner. »Wir bemängeln, dass es keine systematische Instandsetzung von Straßen gibt«, sagt Sprecher Jörg Becker vom Automobilclub. Er kritisiert, »dass nur stellenweise geflickt oder saniert wird«. Er schlägt vor, großflächig heranzugehen und Stra- ßen lieber komplett länger zu sperren, sie dafür aber gleich richtig instandzusetzen. »Ein solches Programm lässt sich aber nicht in einer Sommersaison abwickeln«, sagt Becker. Durch die derzeitige Flickschusterei werde bislang eher Geld verbrannt.
Unterstützung vom Land Berlin können sich die Bezirke aber nicht erhoffen. Ganz im Gegenteil. Derk Ehlert, Sprecher von Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) – welcher selbst viele Jahre Baustadtrat in Lichtenberg war –, spielt den Ball zurück in die Bezirke. »Mit mehr Finanzmitteln ist es leider nicht getan: die Instandsetzung der Straßen muss auch ausgeschrieben, beauftragt, koordiniert und kontrolliert werden. Und dafür sind die Bezirke zuständig.« Ehlert ergänzt: »Mit dem Schlaglochprogramm haben die Bezirke bereits zusätzliche Mittel bekommen, die aber auch innerhalb eines Haushaltsjahres ausgegeben werden müssen.«
Autor: Marcel Gäding