2011 musste die Partei, die damals als stärkste Kraft in die Bezirksverordnetenversammlung einzog, den Posten an die SPD abgeben. Mit den Stimmen von Sozialdemokraten, CDU und Grüne kürte man den langjährigen Bezirksstadtrat Andreas Geisel zum Rathaus-Chef. Als dieser in den Senat wechselte, wählte die gleiche bezirkliche Koalition Birgit Monteiro zu seiner Nachfolgerin. Es ist also spannend, wer von den etablierten Parteien am Ende den oder die Bezirksbürgermeister/in stellt. Anders als ihr Vorgänger Andreas Geisel ist Birgit Monteiro (beide SPD) eine Frau der leisen, aber bestimmten Töne. Sie ist keine Ankündigungspolitikerin, sondern eine, die anpackt und macht. »Die Arbeit als Bezirksbürgermeisterin möchte ich fortsetzen.« Immerhin sei es ihr in anderthalb Jahren gelungen, Themen wie die Stärkung des Ehrenamtes, der Bürgerbeteiligung und der Inklusion voranzutreiben. Auch die aktuell niedrigste Arbeitslosenquote seit der Wende von aktuell 8,1 Prozent spielt hier günstig in die Bilanz von Monteiro, die zugleich Wirtschaftsstadträtin ist. In dem Bereich habe sie das bezirkliche Bündnis für Wirtschaft und Arbeit wiederbelebt. Weiterhin sollen Gewerbebetriebe angesiedelt und Arbeitsplätze geschaffen werden – keine leichte Aufgabe, da sich derzeit auch viele Projektentwickler für freie Flächen interessieren, um sie beispielsweise mit Wohnungen zu bebauen. Denn der Zuzug in den Bezirk hält an. Stolz ist Monteiro darauf, dass in Schulen, Kitas, Spielplätze und Grünanlagen sowie Radwege investiert wurde. Dennoch: »Lichtenberg ist kein Plüschsofa«, lautet ihr Motto und meint, dass der Bezirk auch Ecken und Kanten hat. »Aber: Ich lasse mir mein Lichtenberg nicht schlechtreden!«
Der Seitenhieb könnte Evrim Sommer gelten, Monteiros Herausforderin von den LINKEN. Die frauenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus war im Frühjahr mit gerade einmal knapp 58 Prozent von der Basis ihrer Partei zur Spitzenkandidatin gewählt worden. Oft werde Lichtenberg als »Boombezirk« bezeichnet. »Das stimmt aber nur für Teile des Bezirks«, sagt Sommer. 21 Prozent der Lichtenberger Bevölkerung seien armutsgefährdet, davon etwa 40 Prozent der Kinder und Jugendlichen. Schafft Sommer es, Bezirksbürgermeisterin zu werden, hat sie vier Ziele: soziale Gerechtigkeit, stärkere Bürgerbeteiligung, Integration von Flüchtlingen und besser funktionierende Bürgerämter. »Wir brauchen eine dynamische Anpassung des Personals an die Aufgaben der wachsenden Stadt«, macht Sommer deutlich. Auch sollen die Menschen im Bezirk von ihrer Arbeit leben können. »Ich will bezahlbare Mieten und eine bedarfsgerechte Infrastruktur.« Sie stehe dafür, dass Menschen in Würde und ohne Diskriminierung ihren Ruhestand genießen. Die Bürgerbeteiligung müsse in Lichtenberg Alltagshandeln werden. Und sie wolle, »dass Lichtenberg eine weltoffene, sozial-gerechte und wirtschaftsstarke Bürgerkommune wird«. Bürgernähe der ganz anderen Art bewies Wilfried Nünthel (CDU), Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung und Spitzenkandidat der Christdemokraten. An die 40 Einwohnersprechstunden habe er zu aktuellen Themen in fünf Jahren absolviert. Hinzu kamen seit dem Frühjahr Touren durch die meisten Kleingartenanlagen und 34 Kiezspaziergänge. »Das Verständnis wächst, wenn man das Detail kennt«, sagt der erfahrene Kommunalpolitiker – immerhin seit 1993 im Dienste verschiedener Bezirksämter. Sein Ziel ist es, den Wohnungsbau voranzutreiben – aber mit einer Einschränkung: Nicht um jeden Preis sollen Grünflächen etwa in Innenhöfen bestehender Wohnanlagen »geopfert« werden. Weitere Positionen, die Nünthel gern in die nächste Wahlperiode nehmen würde: Mehr Stellplätze für Autofahrer und der lange geplante Umbau der alten Wohnanlagen in der Wollenberger Straße und am Mühlengrund in Hohenschönhausen. Obwohl es eher unwahrscheinlich ist, dass Nünthel Bezirksbürgermeister wird, hat er sich auch Gedanken um Themen gemacht, die nicht in sein jetziges Ressort fallen. Ein Knackpunkt ist seiner Ansicht nach das Personal. »Die Personalentwicklung im Bezirksamt muss auf eine langfristige Basis gestellt werden.«