Die Referentin Elke Hannack, Mitglied im Bundesvorstand der Gewerkschaft ver.di und im Landesvorstand der CDU Berlin, erwartet aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive keine gravierenden Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und das Lohnniveau durch die seit dem 1. Mai 2011 geltende Arbeitnehmerfreizügigkeit, weder in ganz Deutschland noch in Berlin. Auch wenn die Zahlenangaben der Experten unterschiedlich sind, kann man davon ausgehen, dass die jährliche Zuwanderung aus Mittel- und Osteuropa eher gering sein wird. Vermutlich werden die Arbeitsmigranten auch eher wirtschaftlich stärkere Regionen bevorzugen.
Trotzdem wird es Verlierer infolge der verstärkten Migration geben. Das werden die gering qualifizierten Arbeitnehmer sein. Gerade in den Tätigkeitssegmenten mit geringen Qualifikationsanforderungen, in denen die Arbeitsmarktlage schon jetzt schwierig ist, muss mit steigender Arbeitslosigkeit und sinkenden Löhnen gerechnet werden.
Als weitaus größere Gefahr für die Wettbewerbsfähigkeit hiesiger Unternehmen und die Stabilität des Lohngefüges schätzt Frau Hannack die Dienstleistungsfreiheit ein. Entsendet ein ausländischer Dienstleister Beschäftigte zur Arbeit nach Deutschland, gelten für sie erst einmal das Arbeitsrecht und die Tarifverträge ihres Heimatlandes.
Nur gesetzliche Regelungen können hier einen Riegel vorschieben, deutsche Tarifverträge helfen nicht. Sicherheit vor Dumpinglöhnen haben wir zurzeit dort, wo wir branchenbezogene Mindestlöhne über das Arbeitnehmerentsendegesetz haben. Diese Regelung muss auf weitere Niedriglohnbereiche des Dienstleistungssektors ausgeweitet werden, um »Hungerlöhne« zu unterbinden.
Die bevorstehende Festlegung allgemeinverbindlicher Lohnuntergrenzen in der Leiharbeitsbranche ist ein erster und wichtiger Schritt. Sinnvoll wäre außerdem auch für Deutschland die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns, den fast alle EU-Mitgliedsstaaten bereits haben. Damit würde der Lohnunterbietungswettlauf durch ausländische Arbeitskräfte in Deutschland wirkungsvoll unterbunden. Dafür setzt sich die CDA ein. Sie wird auf dem nächsten CDU-Bundesparteitag einen entsprechenden Antrag einbringen.